Der Flächenumsatz im Frankfurter Büromarkt hat sich über die Sommermonate mit einem Gesamtjahresumsatz von 289.000 m² wacker geschlagen, wenngleich mit 458 rund 50 Mietverträge weniger als im selben Vorjahreszeitraum geschlossen wurden und der Umsatz ein leichtes Minus von 13 % hinnehmen musste. „Bedenkt man aber, dass es im Gegensatz zum letzten Jahr keinen wirklichen Großabschluss zu vermelden gab, ist das Ergebnis zufriedenstellend. Anfang letzten Jahres sorgte allein der Baustart der GIZ in Eschborn für einen Umsatz von rund 28.000 Quadratmetern“, sagt Kevin Nguyen, Geschäftsführer bei blackolive. Der Trend zur Flächenverkleinerung ist ungebrochen, dafür sorgt die zunehmend auf hybride Arbeitsformen gestaltete Fläche und Möblierung mit einem langfristig planbarem Home-Office-Anteil der Mitarbeiter sowie die immer noch wirtschaftlich nicht absehbare Entwicklung der Gesamtkonjunktur aufgrund der bekannten Einflussfaktoren. „Auch die Themen Nachhaltigkeit und Fachkräftemangel verstärken den Druck auf Unternehmen sich zu verändern, um ihre eigene Position zu stärken oder zu erhalten“, erläutert Nguyen.
Kein echter Großdeal, aber gestiegene Nachfrage im mittleren Segment
Nur ein Mietvertrag mit einem Volumen von knapp über 10.000 m² wurde im ersten Dreivierteljahr geschlossen. Der Mieter, welcher sich für das Projekt The Move Orange in Gateway Gardens entschieden hat, darf aber seitens der Beteiligten noch nicht genannt werden. Der Trend zur Flächenreduktion spiegelt sich sowohl in Anzahl (+ 5 Verträge) als auch im Umsatz (+ 36 %) im Bereich 2.001 m² bis 5.000 m² wider. Die größte Nachfrage nach Fläche verzeichnete der zentrumsnahe Teilmarkt City Rand, der mit Neubauten und seiner unmittelbaren Nähe zum Hauptbahnhof punkten konnte. Das im Jahre 2022 fertiggestellte ONE bietet zwar ebenso wie das kurz vor Vollendung stehende Timber Pioneer noch verfügbare Flächen, aber das gerade fertiggewordene THE SPIN ist voll vermietet. „Dies zeigt deutlich, dass Neubauprojekte auch in herausfordernden Zeiten wie diesen ihre Mieter finden“, resümiert der blackolive Geschäftsführer Nguyen. Während Projekte, welche erst nach Erreichen einer gewissen Vorvermietungsquote begonnen werden, wie etwa das Timber Pioneer, etwas schneller zum Ziel kommen, benötigt es bei spekulativen Objekten, wie etwa dem ONE, einen etwas längeren Atem. Das Timber Pioneer war zudem wegen seiner extrem kurzen Bauzeit auf Grund der Holzhybridbauweise einfacher zu vermarkten. Das THE SPIN ist ein Mixed-Used-Gebäude, welches neben Büroflächen ein Hotel beherbergt, dies ermöglichte einen Baustart ohne eine entsprechende Vorvermietungsquote der Büroflächen und die breitere Risikoverteilung macht es krisensicherer. „Mixed-Use Gebäude liegen schon seit mehreren Jahren stark im Trend und die Pandemie und die anderen Kriege und Krisen haben ihre Existenzberechtigung nun nochmal unterstrichen“, fasst Nguyen die Situation zusammen.
Finanzdienstleister behaupten ihre Stellung im Frankfurter Büromarkt
Auch im dritten Quartal 2023 führten Finanzdienstleister weiter das Feld an, mit einem Anteil von 16 % am Gesamtumsatz lagen sie ganz leicht vor Technologie- und Medienunternehmen und Bau- und Immobiliendienstleistern, die jeweils rund 13 % für sich beanspruchten und sich beide für jeweils 50 und mehr Abschlüsse verantwortlich zeichneten. In diesem Jahr waren sie im Vergleich zu den Vorjahren nicht auf Grund eines Großdeals auf Platz eins, sondern sie behaupten ihre Pole-Position mit kleineren Flächengrößen, ganz wie es der allgemeine Trend gerade vorzeichnet. „Gerade Banken ermöglichen Ihren Mitarbeitern oftmals im Rahmen ihrer New-Work-Konzepte flexiblere Arbeitsbedingungen und sparen vor allem dadurch Flächen ein. Kleinere repräsentative Flächen in zentraler Lage sind daher in dieser Branche auch weiterhin nachgefragt, weil durch Einsparung an anderer Stelle finanzierbar“, stellt der Geschäftsführer bei blackolive klar.
Mietpreise hoch mit Potenzial zu mehr
Die Durchschnittsmiete ist gegenüber dem dritten Quartal 2022 um einen Euro auf 23,80 €/m² gestiegen, da es im zentralen Teilmarkt City Rand in nächster Nähe zum Hauptbahnhof vermehrt zu größeren höherpreisigen Anmietungen in Neubauten wie dem ONE und THE SPIN kam. „In Projekten schlossen Unternehmen auch größere Flächen in Randlagen zu Mietpreisen von deutlich über 20,00 €/m² ab“, ergänzt Nguyen. Die Spitzenmiete stabilisierte sich auf dem hohen Niveau von 46,00 €/m² mit einem weiteren Steigerungspotential, da weitere Abschlüsse in hochpreisigen Objekten, welche sich im Bau befinden, wie beispielweise dem FOUR, erwartet werden.
Leerstand baut sich weiter auf
Der Leerstand hat sich in den letzten 12 Monaten weiter erhöht und liegt seit Mitte 2023 wieder über einer Million Quadratmeter. Das wird auf Grund der anhaltenden Verkleinerungstendenzen und höheren Fertigstellungsraten bei gleichzeitig niedrigeren Vorbelegungsquoten auch erstmal so bleiben. Die Leerstandsquote des Gesamtmarkts notiert bei 9,2 %. Während sich teure Flächen in zentraler Lage auch unter den gegebenen Umständen noch einer guten Nachfrage erfreuen, gilt dies nicht in gleicher Weise für weniger zentrale Lagen, dort werden Eigentümer und Projektentwickler einen längeren Atem brauchen. Dies zeigt auch die im Vergleich zum Gesamtmarkt deutlich niedrigere Leerstandsquote von 5,4 % im Central Business District (CBD). Die höchste Leerstandsquote von knapp 40 % findet man im kleinräumigen Teilmarkt Offenbach Kaiserlei, wo vor allem das Omega-Haus, welches sich gerade in der Sanierung befindet, stark zu Buche schlägt. Die Nachfrage war schon in den letzten Jahren sehr schwach, auch weil seit 2020 keine Großabschlüsse in diesem Bereich mehr zu beobachten waren. Der starke Anstieg in dem ebenfalls sehr kleinräumigen Teilmarkt City West ist auf die schon im letzten Quartal angesprochenen Konsolidierungen der Commerzbank in den Lateral Towers und der Finanz Informatik im Eigennutz in der Theodor-Heuss-Allee 90 zurückzuführen. „Kleinräumige Teilmärkte trifft es besonders hart, wenn Single-Tenants den Standort verlassen. Dies ist in den beiden Teilmärkten Offenbach Kaiserlei und City West, welche prädestinierte „Backoffice Standorte“ sind, in den letzten Jahren vermehrt passiert. Die Ausrichtung der Gebäude auf eine Multi-Tenant-Struktur, ist daher der richtige Schritt, der aber in der Umsetzung und hinsichtlich der Kosten oftmals anspruchsvoll ist“, erläutert Kevin Nguyen.
Viele Projekte im Bau und geplant
Seit 2022 kommt so manches Projekt auf den Markt, welches noch vor Corona geplant und/oder begonnen wurde, wie etwa das ONE und das FOUR. Beide Projekte haben noch freie Flächen anzubieten, erfreuen sich aber – insbesondere gemessen an den schwierigen Zeiten – einer guten Nachfrage. Andere Objekte wie das Timber Pioneer punkten mit einer extrem kurzen Bauphase von gerade mal zwei Jahren. Beim Neubau eines Hochhauses beispielsweise ist aber doch eher eine Bauzeit von 4 Jahren und mehr realistisch. „Während der Pandemie und durch den Krieg kam es zu Material- und Personalengpässen, die zu Verlängerungen der Bauzeit geführt haben. Dies hat sich nun wieder etwas verbessert, aber die gestiegenen Zinsen werden die Umsetzung von Projekten auch in Zukunft verzögern oder ganz stoppen und steigende Baukosten werden höhere Mieten erfordern“, fasst der Geschäftsführer bei blackolive, Nguyen, die Situation zusammen. In zentralen Lagen wie dem CBD führt das zu längeren Vermarktungszeiten, die Flächen finden aber Ihre Mieter, zumal das Angebot nicht so hoch ist. In dezentraleren Lagen sind die Mieter preissensibler und Projektentwickler müssen knapper kalkulieren. In jedem Falle fallen die Gewinne für alle Marktteilnehmer heute deutlich geringer aus als vor der Krise. Das Thema ESG wird immer wichtiger und durch den Trend zu weniger Fläche steigt die Bereitschaft höhere Preise zu bezahlen. Viele Gebäude bedürfen mehr als nur einem ‚Facelifting‘, häufig wird man um eine grundlegende Sanierung nicht herumkommen, um die Gebäude zukunftsfähig zu machen. Umnutzung wird und sollte auch in Zukunft ein Thema sein, denn man wird nicht all die aktuell leerstehenden Büroflächen an Unternehmen vermieten können. Der Sockelleerstand wird wachsen und nicht alle Objekte sind sanierungsfähig. Andererseits zeigen die aktuellen Bauprojekte, wie das FOUR-T4, welches bis Ende 2023 fertiggestellt sein wird und wo nur noch knapp 2.000 m² zur Verfügung stehen, ebenso wie das THE SPIN, dass qualitativ hochwertige Gebäude mit Zertifizierungen ihre Mieter finden. Dies gilt übrigens nicht ausschließlich für Zentrumslagen, auch die beiden Projekte The Move Orange und Blue sind gut vermietet und der neue Stadtteil Gateway Gardens wächst damit wieder ein Stück.
Ausblick
Der Flächenumsatz wird bis Jahresende voraussichtlich nicht 400.000 m² überschreiten. Der Trend der Flächenreduktion geht einher mit einer Bereitschaft, höhere Preise zu tolerieren, wenn die Qualität stimmt. „Nachhaltigkeit ist nicht mehr nur etwas, um sich von der Masse abzuheben und Vorreiter zu sein, sondern in Zukunft unvermeidbar“, sagt Nguyen. „Bei alten Gebäuden steigen etwa die Nebenkosten in ungeahnte Höhen auf Grund der stark steigenden Energiekosten. Zentralität und „grüne“ Ausstattung sind im ‚War-for-Talent‘ ein zunehmend wichtiger Aspekt für viele Unternehmen, der die Nachfrage nach ESG-konformen Flächen weiter hochhalten wird“, führt der blackolive Geschäftsführer weiter aus. Das hohe Zinsniveau, die weitere Teuerung von Material und Arbeitskräften sowie Verzögerungen im Bau durch Fachkräftemangel werden unausweichlich zu weiteren Preissteigerungen führen. Dies wird aber unter anderem wegen der steigenden Bedeutung von Home-Office für viele Unternehmen machbar sein. Home-Office und Telearbeit ist in den meisten Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Eine Rückkehr zum klassischen 5-Tage-Büro ist unwahrscheinlich, auch weil Wohnraum in den Ballungszentren immer mehr zu Mangelware wird und die Preise stetig weiter steigen. „Da der Ausbau des ÖPNV nicht so schnell Schritt halten kann, der Individualverkehr teuer ist und in den Zentren an seine Grenzen stößt, beziehungsweise aus der Stadt zunehmend verbannt werden soll, kann und wird Home-Office in Zukunft dazu beitragen dieses Spannungsfeld etwas zu entzerren“, prognostiziert Nguyen.