4. Quartal 2023 – Frankfurter Büromarkt: wie erwartet schwach

 Das Jahr 2023 ging mit einem Flächenumsatz von rund 387.000 m² zu Ende. „Dies hatten wir unterjährig schon so erwartet, da sich die wirtschaftliche Lage insbesondere seit Jahresmitte deutlich eingetrübt hat“, sagt Kevin Nguyen, Geschäftsführer bei blackolive. Da es zudem auch keinen wirklichen Großdeal zu vermelden gab, konnte die 400.000 m²-Marke auch nicht geknackt werden. Größter Deal war die Anmietung der Deutschen Wertpapierbank über rund 12.500 m² im Projekt PHOENIX in der Kölner Straße 5 in Eschborn. „Auch bei dieser Anmietung zeigte sich, wie bei vielen anderen, der anhaltende Trend der Flächenverkleinerung. Das Unternehmen belegt aktuell im Bestandsgebäude an der Bockenheimer Warte mehr Fläche als im Projekt PHOENIX“, erklärt Nguyen. Die mannigfaltigen Unsicherheitsfaktoren in Wirtschaft und Gesellschaft drücken auf die Risikobereitschaft von Unternehmen. Dies zeigt sich 2023 sogar in der Anzahl der Mietverträge, gegenüber dem Vorjahr wurden rund 85 weniger geschlossen. „Darüber hinaus dauert es in der Regel auch deutlich länger, bis ein Mietvertrag zum Abschluss kommt“, fügt Nguyen hinzu.  

Gute Nachfrage im mittleren Segment, alle anderen Flächenklassen rückläufig

Seit die Welt in einen Krisenmodus gegangen ist, sind große Abschlüsse mit Ausnahme des schon lange geplanten Baustart des Eigennutzers giz im vergangenen Jahr eher Mangelware. Die Verkleinerungstendenzen schlagen sich in der gestiegenen Nachfrage im mittleren Segment und der Zunahme des Leerstands nieder, während alle anderen Flächenklassen Einbußen hinnehmen mussten. Es wurde rund 25 % mehr Fläche in der Flächenklasse 2.000 m² bis 10.000 m² vermietet. Die insgesamt gebremste Nachfrage hat selbst im kleinteiligen Bereich bis 1.000 m² zu einem 16-prozentigen Rückgang des Umsatzes geführt. Die Anzahl der Verträge sank hier sogar auf das Niveau von 2020.  „Verlängerungen sind in der aktuellen Situation oftmals ein Mittel, um Zeit zu gewinnen, häufig möchten sich Firmen auch noch die vergleichsweise günstigen Konditionen, beispielsweise bei Optionsausübung, sichern“, sagt Kevin Nguyen. Die größte Nachfrage verbuchte der Teilmarkt City Rand, der Bereich konnte mit einer Reihe von Neubauten und Projekten wie The Spin, ONE und Timber Pioneer in Kombination mit der zentralen Lage punkten. Der Central Business District (CBD) musste gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang von 32 % hinnehmen, wenig überraschend, da unter den zehn größten Deals nur ein Vertrag im CBD geschlossen wurde. Zuwächse verbuchten die Teilmärkte Frankfurt Ost und West, Niederrad und vor allem der Teilmarkt Airport, da in letzterem der zweitgrößte Deal des Jahres im Projekt The Move Orange stattfand, der Mieter darf noch nicht genannt werden.

Finanzdienstleister auf Platz 1, drei Branchen auf Platz 2

Durch die Anmietung der Deutschen Wertpapierbank, welcher der größte Abschluss des Jahres war, und den Mietverträgen der Universal Investment über rund 9.600 m² aus dem ersten Quartal sowie einiger mittelgroßer Finanzunternehmen wie American Express und State Street Bank konnten Finanzdienstleister ihre Vorrangstellung behaupten, ihr Anteil lag allerdings nur bei 17 %. Öffentliche Verwaltungen, Bau und Immobiliendienstleister sowie Technologieunternehmen waren für jeweils rund 12 % des Gesamtumsatzes verantwortlich. „Dies überrascht nicht wirklich, da die öffentliche Hand sich in Krisen immer recht resistent zeigt, Technologieunternehmen in der ‚neuen Welt‘ in allen Bereichen gebraucht werden und die Baubranche üblicherweise erst zeitverzögert auf Krisen reagiert“, erklärt der blackolive-Geschäftsführer Nguyen.

Mietpreisentwicklung kurzfristig gegenläufig

Während die Spitzenmiete gegenüber dem Vorjahr einen Euro zulegen konnte und Ende 2023 bei 47,00 €/m² notiert, gab die Durchschnittsmiete nach und sank um neunzig Cent auf 22,90 €/m². „Die Preistoleranz im oberen Preissegment hat zugenommen, da Unternehmen dafür wie angesprochen auf Fläche verzichten, dafür erhalten sie aber auch Premiumqualität, in Projekten wie dem FOUR, aber auch in hochwertigen Bestandsgebäuden wie Marienturm und Opernturm“, sagt Nguyen. Die Durchschnittsmiete hingegen bewegt sich weiter auf hohem Niveau, allerdings etwas unter dem Vorjahr, da alle großen Verträge zwischen 8.000 m² und 13.000 m² außerhalb des CBD stattfanden. „Die Mietpreise werden in naher Zukunft weiter leicht steigen“, prognostiziert Nguyen. „Auch für 2024 sind weitere und teilweise auch größere Anmietungen in hochpreisigen Objekten zu erwarten.“

Leerstand weiter steigend

Der Leerstand ist von rund 915.000 m² Ende 2022 um knapp 23 % auf über 1,1 Million m² gestiegen. In fast allen Teillagen mit Ausnahme von Frankfurt Süd gab es Zunahmen, der Rückgang dort basiert allerdings auf einer Bestandsreduktion durch die Überführung des Großen Hasenpfades 44 in eine Schulnutzung. Die stärkste Zunahme musste im Jahresverlauf der Teilmarkt City West hinnehmen, da dort das Cielo durch Auszug der Commerzbank und das Goldene Haus durch Auszug der Finanzinformatik mit in Summe rund 48.000 m² Fläche in den Leerstand fielen. Deutlich geringere Leerstandsquoten als der Gesamtmarkt (9,7 %) weist neben dem CBD mit 6,3 % nur Frankfurt Süd mit 5,7 % auf. Allerdings ist die Leerstandsquote auch im CBD innerhalb eines Jahres von 4,6 % auf 6,3 % gestiegen, was zeigt, dass es sich um einen Trend handelt, der den gesamten Markt betrifft. Zwar sind im CBD nicht einzelne Objekte für den Anstieg verantwortlich, aber auch hier hat zum Beispiel der Auszug der Deka aus dem Skyper ins FOUR und zudem die vorzeitige Flächenrückgabe zu einer Freisetzung von über 10.000 m² geführt. „Untervermietungen nehmen ebenfalls weiter zu und die Neuanmietungen erfolgen nicht selten in Projekten, dies reduziert den Leerstand nicht relevant“, erläutert Nguyen. Mit den Lateral Towers wird ein weiteres Gebäude einer Schulnutzung zugeführt und da weitere Schulen fehlen, wird dies wohl nicht die letzte Umnutzung dieser Art sein. Ob dies Einfluss auf den Flächenumsatz hat, ist noch nicht abschließend geklärt, in den aktuellen Zahlen ist dieser Deal daher nicht enthalten. Letztlich wird es aber kurzfristig zunächst zu einem weiteren Anstieg des Leerstands kommen.

Viele Projekte, aber Realisierung nicht immer möglich

Aktuell werden noch eine Reihe von Projekten fertiggestellt, deren Bau und/oder Planung schon vor 2020 begonnen wurde. Bei neueren Planungen steht die Realisierung oftmals noch nicht fest, beziehungsweise es kommt zu Änderungen. „Die Teuerung von Personal- und Materialkosten sowie die unsichere wirtschaftliche Perspektive führen zu Verzögerungen, Baustopps und Rückabwicklungen bei Projekten“, erklärt Nguyen. 2023 wurden nach blackolive-Recherchen rund 140.400 m² fertiggestellt, wovon Ende des Jahres noch knapp 80.000 m² für eine Anmietung zur Verfügung stehen, 2024 sind 131.600 m² mit einer Vorbelegungsquote von über 70 % zur Fertigstellung vorgesehen. Ab 2025 könnten theoretisch dann mehr als 400.000 m² entstehen, was aber zu diesem Zeitpunkt eher unwahrscheinlich ist. „Diese Zahlen zeigen aber auch deutlich, dass es nicht immer eine gute Idee ist, eine Umzugsentscheidung aufzuschieben. Denn die Flächen in Neubauten und Projekten sind beliebt und die Verfügbarkeit ist begrenzt. 2024 kommen gerade mal knapp 37.000 m² verfügbarer Fläche auf den Markt“, fasst Nguyen die Situation zusammen. Im vierten Quartal 2023 wurde der Gebäudeteil T4 des Vorzeige-Projekts FOUR beendet, das Gebäude umfasst knapp 23.000 m² und bei Fertigstellung standen nur noch knapp 2.000 m² für eine Anmietung zur Verfügung. Leider wurden jüngst aber auch Projekte auf Grund von Insolvenzen gestoppt, berühmtestes Beispiel ist im Moment wohl die Insolvenz mehrerer Signa-Projektgesellschaften, wodurch es in Frankfurt zum Baustopp an der Hauptwache 1 kam. Im Offenbacher Kaiserlei stehen auf einigen Baustellen ebenfalls die Bagger still.

Ausblick

Die zum Teil sehr hohen Flächenumsätze in den Jahren bis 2020 gehören wohl bis auf weiteres der Vergangenheit an. Unternehmen werden weiterhin Büros haben und Arbeiten wird auch in Zukunft in den seltensten Fällen ausschließlich aus dem Home-Office erfolgen, aber insgesamt wird flächensparsamer geplant. An die Arbeitswelt werden andere Ansprüche gestellt, das Büro muss flexibel, nachhaltig, auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar und das nähere Umfeld sollte attraktiv sein. „Frankfurt bietet viel Potential und wird auch in Zukunft ein attraktiver Arbeitsstandort sein, aber die Mischung zwischen Arbeiten, Wohnen und Leben und ihre Gestaltung wird entscheidend sein“, resümiert Nguyen. Die Menschen möchten Arbeiten und Leben miteinander verbinden können, der War-for-Talent bleibt auch im kommenden Jahr bestehen und Unternehmen werden auch weiterhin dafür sorgen müssen, neue Mitarbeiter zu gewinnen und vorhandene Arbeitnehmer zu halten. Der Büromarkt wird sich verändern und muss sich neu erfinden, dazu gehören auch ESG-konforme Gebäude, wo neben dem „E“ auch das „S“ und das „G“ eine Rolle spielen müssen. Das wird zwar unter Umständen zunächst teurer, aber mittelfristig können sich aus der neuen Technik deutliche Einsparpotentiale in vielerlei Bereichen ergeben. „Smarte Technologie richtig eingesetzt, kann für den Nutzer die Energiekosten deutlich senken. Ein flexibles Raumkonzept kann zudem dafür sorgen, alle Mitarbeiter auf geringerer Fläche unterzubringen und gleichzeitig die Zufriedenheit aller zu erhöhen“, erklärt Nguyen. Auch wenn also der Mietpreis pro Quadratmeter auf den ersten Blick steigt, kann sich dies über die gesamte Laufzeit wieder nivellieren und manche „weiche“ Faktoren sind nicht monetär messbar. Dabei müssen alle Akteure versuchen, die Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.

In diesem Sinne wünschen wir allen einen guten Start in das neue Jahr mit vielen neuen Perspektiven.

DATUM:

AUTORIN: Tanja Zeiske

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